Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Schutzes von Kleinanlegern vom 22. Mai 2014 – Gefahr für die Crowdfinancing-Industrie?

Dr. jur. Kay-Michael Schanz
Dr. jur. Kay-Michael Schanz

Beschleunigt durch die Insolvenz des Windparkfinanzierers Prokon haben das Bundesjustizministerium und das Bundesfinanzministerium am 22. Mai 2014 einen lang erwarteten Aktionsplan zum Schutz von Anlegern vorgelegt, der – wie ebenfalls erwartet – auch Auswirkungen auf die Crowdfinancing Industrie haben wird. Das angekündigte Maßnahmenpaket soll insbesondere folgende Regelungsbereiche betreffen:

1. Beseitigung aufgedeckter Regelungslücken und  Umgehungsmöglichkeiten
2. Verstärkte Transparenz und Offenlegung von Risiken
3. Verbesserung des Zugangs der Anleger zu Informationen
4. Etablierung zusätzlicher Leitplanken für den Vertrieb
5. Flankierende Erweiterung des Aufsichtsinstrumentariums.

Wenngleich Einzelheiten der Umsetzung noch abzuwarten sind, ist die Absicht einer Stärkung des Anlegerschutzes durch Erhöhung der Transparenz und der Möglichkeit von (Privat-) Anlegern, die Erfolgsaussichten einer Anlage besser einzuschätzen zu können, durchweg zu begrüßen. Von dem hiervon zu erwartenden Vertrauenszuwachs auf Anlegerseite profitieren auch die Crowdfinancing-Plattformen. Zum anderen ist – nicht zuletzt im Interesse der Plattformen und der Kapital suchenden Unternehmen – eine Erhöhung der Rechtssicherheit zu erwarten: wer garantiert diesen beispielsweise heute, dass ein Richter in einem künftig von Anlegern angestrengten Prospekthaftungs-prozess nicht auf die Idee kommt, der Anbieter eines partiarischen Nachrangdarlehens hätte eigentlich aufgrund dessen Nähe zu Genussrechten oder stillen Beteiligungen einen Prospekt veröffentlichen müssen? Die Folgen für die Schuldner, die Plattformen und deren Berater wären desaströs …

Ungeachtet dessen stellt sich bei der Lektüre des Aktionsplans die Frage, wie tief die Ein-schnitte gehen und ob und inwieweit diese das Geschäftsmodell der Crowdfinancing-Industrie tangieren, was wiederum verheerende Auswirkungen auf die gerade gestärkten Finanzierungsmöglichkeiten junge (wie mittelständischer) Unternehmen haben könnte. Auch wenn hier naturgemäß vieles noch offen bleibt, enthält der Aktionsplan einen zunächst einmal optimistisch stimmenden Hinweis:

„Soweit hiervon Crowd-Finanzierungen betroffen sind, sollen Lösungen gefunden werden, die den Anliegen der mit Crowd-Investitionen finanzierten jungen Unter-nehmen unter Berücksichtigung der Belange des Anlegerschutzes gerecht werden.“

1.  Beseitigung aufgedeckter Regelungslücken und Umgehungsmöglichkeiten
Partiarische Nachrangdarlehen sind derzeit wohl das Finanzinstrument, das bei Finanzierungsvorhaben auf deutschen Crowdfinancing Plattformen am häufigsten zum Einsatz kommt. Hintergrund der – eher plötzlichen – Beliebtheit ist insbesondere die Tatsache, dass das Instrument zwischen zwei Gesetze fällt und weder das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) noch das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen eine Prospektpflicht begründet.

Hierzu stellen die beiden Ministerien völlig zu Recht fest, dass die umfassendsten Vorgaben zum Anlegerschutz leer laufen, wenn es dem Anbieter eines Finanzprodukts gelingt, diese zu umgehen. In diesem Zusammenhang ist einzuräumen, dass die besagte Darlehensform wie die anderen mezzaninen Finanzierungsinstrumente sehr flexibel ist und in ihrem wirtschaftlichen Charakter so strukturiert werden kann, dass ihr wirtschaftliches Chancen- und Risikoprofil identisch zu dem einer stillen Beteiligung oder eines Genussrechts ist. Die Anforderungen der BaFin an den – zur Vermeidung des lizenzpflichtigen Einlagengeschäfts erforderlichen – sogenannten qualifizierten Rangrücktritt führt in der Praxis darüber hinaus dazu, dass der Nachrang gegen die Interessen des Anlegers noch schärfer ausfällt als es oftmals den Bedürfnissen des Kapital suchenden Unternehmens entspricht.

In dieser Erkenntnis ist festzustellen, dass es durch nichts gerechtfertigt ist, partiarische nachrangige Darlehen gegenüber anderen mezzaninen Finanzierungsinstrumenten zu privilegieren und prospektfrei zu stellen. Vor diesem Hintergrund beabsichtigen die Ministerien, den Katalog der nach dem Vermögensanlagegesetz geregelten Anlageformen zu erweitern und auch solche Angebote zu erfassen, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als gleichwertig zu den bereits erfassten Anlagen darstellen

2. Verstärkte Transparenz von Finanzprodukten und Offenlegung ihrer Risiken
Richtiges Resultat der vorgesehenen Erweiterung wird u.a. sein, dass Vermögensanlagen wie Nachrangdarlehen künftig nicht mehr zwischen zwei Gesetze fallen (können), sondern einer grundsätzlichen (!) Prospektpflicht unterliegen werden.

Das Aktionspapier betont, dass der Verkaufsprospekt – nicht wirklich überraschend – auch künftig eine wesentliche Säule des Anlegerschutzes darstellt. In diesem Zusammenhang sollen für Unternehmen im Bereich des Vermögensanlagengesetzes zusätzliche Anforderungen geschaffen werden, die den Anlegern zu mehr und bessere Informationen verhelfen sollen:

  • Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit Prokon ist künftig die Fälligkeit bereits begebener, noch laufender Vermögensanlagen anzugeben, was – eigentlich als Selbstverständlichkeit – uneingeschränkt positiv zu beurteilen ist. Zur Vermeidung von Schneeballsystemen sollen Anleger hierdurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Schuldners besser einschätzen können. Hierzu gehört insbesondere die Beurteilung, in welchem Umfang ihre Gelder genutzt werden, früher eingegangene Verpflichtungen zu bedienen.
  • Soweit Unternehmen zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, müssen sie diesen zukünftig in jedem Fall in den Prospekt aufnehmen.
  • Größere Unternehmen haben künftig eine Kapitalflussrechnung offenzulegen.
  • Darüber hinaus sollen auch personelle Verflechtungen hinsichtlich der Personen und Unternehmen transparent gemacht werden, die an Begebung und/oder Vertrieb von Vermögensanlagen beteiligt sind.

3. Verbesserung des Zugangs der Anleger zu Informationen über Finanzprodukte
Neben der Erweiterung der in den Prospekt aufzunehmenden Angaben soll die Zugänglichkeit und Aktualität der relevanten Veröffentlichungen verbessert werden. So sollen Verkaufsprospekte zu Vermögensanlagen künftig nicht mehr unbegrenzt, sondern wie bei Prospekten zu Wertpapieren maximal für 12 Monate gültig sein.

Darüber hinaus sollen die Vorgaben für Nachträge, die aufgrund von Entwicklungen innerhalb der Gültigkeitsdauer des Verkaufsprospekts notwendig werden, näher konkretisiert werden. Danach sind Geschäftsvorfälle, die zumindest für das laufende Geschäftsjahr erhebliche Auswirkungen auf die Fähigkeit des Anbieters zur Erfüllung der gegenüber den Anlegern eingegangenen Verpflichtungen haben, künftig zwingend in einem Nachtrag aufzunehmen. Nachträge sind unter Angabe des Zeitpunkts der Aktualisierung zudem in eine konsolidierte elektronische Fassung des Prospekts einzuarbeiten, um Anlegern einen leichten Zugriff auf sämtliche aktuellen Informationen zu ermöglichen.

Dieses Vorhaben ist grundsätzlich zwar begrüßenswert, in Anbetracht der allenfalls einge-schränkten Liquidität nicht notierter Anlagen – wie denen im Falle von Crowdfinancing Finanzierungen – in diesem Zusammenhang allerdings nur bedingt sinnvoll. Anleger haben nach Bekanntwerden – im Gegensatz zu notierten Wertpapieren, für die das WpPG gilt – nur sehr eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten.

Positiver zu beurteilen ist dagegen das Vorhaben der Einführung einer Pflicht zur Abgabe von ad hoc-Mitteilungen, nach der Emittenten alle Tatsachen veröffentlichen müssen, die ihre Fähigkeit zur Rückzahlung und/oder zur Zinszahlung beeinträchtigen können. Einzelne Plattformen wie LightFin haben diese Selbstverständlichkeit im Umgang zwischen Geldgeber und Geldgeber bereits in ihren Mandatsverträgen implementiert, begrüßen insofern eine – besser durchsetzbare – rechtlich-allgemeine Verpflichtung. In diesem Zusammenhang hinzuweisen ist aber auf die Notwendigkeit einer (Selbst-)Befreiungsmöglichkeit wie nach dem insoweit korrespondierenden § 15 III WpHG. Es wäre verhängnisvoll, wenn der Gesetzgeber dies hier übersehen und wie die Deutsche Börse AG im Falle der diesbezüglichen Verpflichtungen im Entry Standard schärfere Standards als im Regulierten Markt, dem „höchsten“, weil regulierten, Börsensegment schaffen würde.

Alle Prospektangaben sowie ergänzende Dokumente und ad hoc-Mitteilungen müssen künftig zentral auf derselben Internetseite unter demselben Pfad zur Verfügung stehen, auch wenn die Veröffentlichung zeitlich versetzt erfolgt. Damit soll der Anleger alle relevanten Informationen gesammelt an einer Stelle finden können („Internet-Transparenz“).

4. Etablierung zusätzlicher Leitplanken für den Vertrieb von Finanzprodukten
Zur Einschränkung aggressiver Vermarktungsformen sollen für den Vertrieb von Finanz-produkten zusätzliche Vorgaben eingeführt werden. Damit soll vermieden werden, dass Finanzprodukte systematisch an Anleger vertrieben werden, für die sie sich objektiv nicht eignen:

  • Um unerfahrene Anleger zu schützen, soll die Zulässigkeit von Werbung für Vermögensanlagen grundsätzlich auf solche Medien beschränkt werden, de-ren Schwerpunkt auf der Darstellung von wirtschaftlichen Sachverhalten liegt und bei deren Leserschaft somit ein gewisses Maß an Vorkenntnissen vorausgesetzt werden kann. Dies ist für die Crowdfinancing Industrie ein hochbrisantes Vorhaben – es bleibt sorgfältig zu beobachten, wie es mit Leben erfüllt werden soll.
  • Darüber hinaus soll die BaFin künftig Missständen bei der Werbung für Vermögensanlagen entgegenwirken können. Dabei ist offen, welche Missstände die Ministerien hier vor Augen hatten. Im Ergebnis dürfte dies in der Praxis nur in eklatanten Ausnahmesituationen greifen, die in der Realität kaum vorkommen. Im Interesse der Handhabbarkeit und Rechtssicherheit sind hier eng definierte Voraussetzungen für ein Tätigwerden festzuschreiben.
  • Ähnlich bedenklich ist in einer mündigen Gesellschaft die Überlegung, die BaFin zu ermächtigen, für bestimmte Finanzprodukte oder Produktgruppen Vertriebsverbote und Vertriebsbeschränkungen zu verhängen, wenn diese erheblichen Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes begegnen, z.B. aufgrund ihrer Komplexität. Worauf bezieht sich hier beispielsweise „Komplexität“: auf die rechtliche Strukturierung eines Instruments wie ein partiarisches Darlehen mit einem qualifizierten Nachrang, eine gehebelte Lebensversicherung eines englischen Anbieters oder ein von der Finanzverwaltung anerkanntes Steuersparmodell, für das sie im Nachhinein wie in der Vergangenheit die Anerkennung entzieht?
  • Darüber hinaus sollen Wertpapierfirmen bereits bei der Entwicklung eines Finanzprodukts verpflichtet werden, den Kreis der Endkunden zu bestimmen, auf die ein Produkt abzielt, und dabei alle relevanten Risiken für die betroffenen Anlegergruppen zu bewerten (Product-Governance). Die Kundengruppe, auf die ein Anlageprodukt abzielt, ist künftig im Informationsblatt zu veröffentlichen, so dass Privatkunden sich informieren können, ob ein Produkt für sie vom Anbieter als geeignet beurteilt wird.
  • Für sämtliche Vermögensanlagen soll künftig eine Mindestlaufzeit eingeführt werden, die durch eine ausreichende Kündigungsfrist, ergänzt wird. Hier scheint zweifelhaft, ob diese Bevormundung des Anlegers sachgerecht ist. Wenn in diesem Zusammenhang behauptet wird, hierdurch würde „für die Anleger transparent, dass die Anlagen unternehmerische Investitionen von gewisser Dauer sind“, stellt sich die Frage, ob dies in der Vergangenheit nicht der Fall war bzw. warum nicht. Keine Frage: die im Interesse des Anlegerschutzes zwingend zu gewährleistende Transparenz muss auch diesen Aspekt umfassen. Jegliche Forderung nach weitergehenden Einschränkungen verkennt, dass kurze Laufzeiten bzw. Kündigungsrechte durchaus wirtschaftlich gerechtfertigt und/oder von Seiten von Kapital suchenden Unternehmen wie von Kapitalgebern gewünscht sein können. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum die Bewerbung von Finanzprodukten mit der Aussicht auf kurzfristige Rückzahlung der Einlage im Bedarfsfall nicht länger möglich sein soll. Die in diesem Zusammenhang gefallene Behauptung, die Maßnahme erhöhe die Planungssicherheit der Anbieter, mag richtig sein, ist aber ein schwaches Instrument: wenn die Anbieter die Planungssicherheit benötigen, werden sie das Instrument schlicht und einfach entsprechend strukturieren.
  • Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass die Anleger auch beim Direktvertrieb über die wichtigsten Eigenschaften und Risiken einer Vermögensanlage informiert sind, indem die Anleger künftig das Vermögensanla-gen-Informationsblatt, das einen verschärften Hinweis auf Risiken enthält, unterschreiben soll. Aus Sicht der Crowdfinancing-Financing Industrie ist hiergegen grundsätzlich nichts einzuwenden, solange die erforderliche Form mit den Möglichkeiten der Plattformen kompatibel ist und keinen zusätzlichen Aufwand verursacht.

5. Flankierende Erweiterung des Aufsichtsinstrumentariums
Flankierend zu den vorstehend skizzierten materiellen Vorgaben und den erweiterten Prüf- und Anordnungskompetenzen der BaFin soll u.a. das Instrumentarium der Aufsichtsbehörden ergänzt werden:

  • So soll die BaFin die Befugnis erhalten, in Fällen, in denen Auskunftsverlangen oder Anordnungen gegenüber dem Anbieter eines Finanzprodukts nicht befolgt werden, Warnhinweise zu veröffentlichen.
  • Darüber hinaus soll die BaFin künftig aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr, die sie im Rahmen der Bekämpfung von Verstößen gegen das Vermögensanlagegesetz ergreift, auf ihrer Internetseite bekannt machen und verhängte Bußgelder veröffentlichen. Gleichzeitig sollen die Obergrenzen, die das Bundesamt für Justiz bei verspäteter Vorlage von Rechnungslegungsunterlagen verhängen kann, massiv erhöht werden.
  • Im Falle von Hinweisen auf bestehende Missbräuche bei Emittenten des „grauen“ Kapitalmarkts soll die BaFin künftig die Möglichkeit haben, einen externen Wirtschaftsprüfer mit einer Sonderprüfung des Jahresabschlusses zu beauftragen. Hier bleibt abzuwarten, ob damit nur „Serienemittenten“ wie Prokon gemeint sind, wo eine solche Befugnis zu begrüßen wäre. Demgegenüber ginge eine Erfassung von Start Ups, die eine Finanzierung über eine Crowdfinancing Plattform durchführen und damit wohl Emittenten des „grauen“ Kapitalmarkts im vorstehenden Sinn sind, weit über die Kompetenzen hinaus, die die BaFin gegenüber kapitalmarktorientierten Unternehmen genießt.

6. Fazit
Soweit mit dem Maßnahmenkatalog die Transparenz für Anleger und die Rechtssicherheit erhöht wird, ist das Vorhaben zu begrüßen. Die Gleichstellung von Instrumenten wie Nachrangdarlehen etc. mit anderen mezzaninen Instrumenten ist überfällig, kann für die Crowdfinancing-Industrie aber gefährliche Konsequenzen mit sich bringen. Dabei geht es weniger darum, dass dann die Tätigkeit der Plattformen in jedem Fall unter § 34f GewO fällt (wenn wie im Falle der Vermittlung von Wertpapieren nicht gleich das KWG anwendbar ist), wohingegen heute bei einer Beschränkung auf partiarische Nachrangdarlehen der „laxere“ § 34c GewO anwendbar ist. Hier sei die Frage gestattet, wozu Crowdfinancing-Plattformen, die – wie üblich – Anleger nicht beraten, für ihre rein vermittelnde Tätigkeit Kompetenzen in der Vermögensberatung nachweisen sollen und eine Berufshaftpflichtversicherung benötigen. Im Ergebnis wäre hier eine einheitliche Erfassung aller Plattformen unter § 34c GewO – auch unter Gesichtspunkten des Anlegerschutzes – wohl völlig ausreichend.

Ein Knackpunkt des Vorhabens wird die Erfassung partiarischer Nachrangdarlehen von der Prospektpflicht des VermAnlG sein. Eine – hier befürwortete – Gleichbehandlung mit anderen mezzaninen Instrumenten hätte desaströse Konsequenzen für die Crowdfinanzierungs-Industrie und hier – potentiell – Kapital suchende Unternehmen, wenn die bisherigen Ausnahmeregelungen nicht erweitert würden. Hier ist insbesondere an § 2 Nr. 3 b VermAnlG zu denken, nach dem öffentliche Angebote von Vermögensanlagen dann prospektfrei bleiben, wenn der innerhalb eines Jahres erzielte Emissionserlös 100.000 Euro nicht überschreitet. Dabei ist festzustellen, dass die Kosten für die Erstellung eines Prospekts, auch eines nach VermAnlG, bei Emisssionsvolumina unterhalb einer Million Euro schlichtweg prohibitiv wären.

Vor diesem Hintergrund wird der Gesetzgeber im Lichte der betriebs- wie volkswirtschaft-lich positiven und wichtigen Bedeutung dieser neuen Finanzierungsmöglichkeit entscheiden müssen, ob ein solcher Prospekt tatsächlich bereits ab Emissionen ab 100.000 erforderlich ist oder ob nicht auch bei höheren Beträgen die bei Crowdfinancing-Emissionen „üblichen“ Informationen einschließlich der ebenfalls veröffentlichten Business-Pläne ausreichen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass solche Dokumente auch der allgemeinen Prospekthaftung mit ihren Grundsätzen unterliegen. Vor diesem Hintergrund sinnvoll sind die Überlegungen des neu gegründeten Verbands German Crowdfunding Network, im Interesse des Anlegerschutzes eine zentrale Stelle zu etablieren, wo sämtliche Dokumente, die im Zusammenhang mit einer Finanzierungsrunde veröffentlicht werden, eingereicht werden müssen.

Im Ergebnis gehen die Überlegungen des Aktionsplans in die richtige Richtung, soweit die geplanten Maßnahmen es Investoren ermöglichen, die Erfolgsaussichten einer Anlage besser einzuschätzen zu können und tatsächlich – so die artikulierte Absicht – ein ausgewogenes Verhältnis zwischen staatlicher Regulierung und Eigenverantwortung des Anlegers gewahrt bleibt. Allerdings wird der Gesetzgeber die Frage zu beantworten haben, ob er die durch Crowdfinancing eröffneten Möglichkeiten für Kapitalnehmer (und Investoren) grundsätzlich positiv einschätzt, oder ob er die Kapitalversorgung der Wirtschaft weiterhin in erster Linie den Banken überlassen möchte. Werden die deutlichen betriebs- und volkswirtschaftlichen Vorzüge von Crowdfinancing gewürdigt, wird man darauf achten müssen, dass man das Geschäft nicht durch übermäßige Regulierung, die auch nicht im Interesse von Anlegern sein kann, erdrosselt, bevor es richtig „zum Fliegen kommt“.

                                                                                                   Dr. Kay-Michael Schanz, Schanz & Coll. Rechtsanwälte

 

Eine Antwort

  1. Was am schlimmsten ist, dass die Gebühren enorm hoch sind, nur dafür, dass eine Behörde wie ein Lehrer das Prospekt prüft. Die Prokon und die S&K hatten sogar ein gebilligtes Prospekt. Man kann ja einfach mal überlegen, ob man als Staat nicht einfach was vom Kuchen ab will? In dem Bereich der Genussrechte etc. konnte BaFin Katastrophen wie Prokon auch nicht vermeiden, warum soll man dass jetzt auf Nachrangdarlehen ausweiten.
    Klar es würden eine Informationen mehr verlangt, aber welcher Anleger kann eine Anlage allumfassend verstehen, wenn dann ein Prospekt auf 200 Seiten wächst. Es ist Risikokapital, wer da investieren will, soll selber wissen ob er da investieren will. Wem es zu unsicher ist, sollte sein Geld weiter zur großzügigen Bank bringen.

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