Stellungnahme der Europäischen Kommission zum Thema „Crowdfunding“

KMSDie Europäische Kommission hat am 27. März 2014 unter dem Titel „Communication on crowdfunding in the European Union – Frequently Asked Questions – European Commission – MEMO/14/240 27/03/2014“ eine Stellungnahme zum Thema Crowdfunding veröffentlicht, die trotz einer gewissen Fokussierung auf Basiselemente des Geschäfts interessante Einblicke hinsichtlich der Absicht einer künftigen Regulierung der Crowdfunding-Industrie gibt.

Dabei ist zunächst einmal festzustellen, dass die Kommission Crowdfunding positiv zu sehen scheint, wenn sie das tatsächliche Potenzial betont, unterschiedlichste Projekttypen und Unternehmen zu finanzieren, die sonst Schwierigkeiten bei ihrer Finanzierung hätten. Dabei erkennt die Kommission völlig zu Recht, dass ein besserer Zugang junger Unternehmen das Unternehmertum fördert und letztendlich zu Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen beiträgt. Als Beispiel wird Spanien genannt, wo nach einer Studie¹ 7.500 Arbeitsplätze direkt durch ca. 2.800 erfolgreiche Crowdfunding-Kampagnen generiert worden sein sollen. Die Bedeutung dieser Zahlen kann in volkswirtschaftlicher Hinsicht nicht überbetont werden und sollte – bei aller gebotenen Vorsicht und Skepsis hinsichtlich letztendlich auch hier unvermeidbarer negativer Entwicklungen – unbedingt in die Entscheidungsfindung des Gesetzgebers einfließen.

So hält die Kommission fest:

„Crowdfunding creates opportunities for more people, who otherwise would not have access to traditional channels of finance, to become small-scale entrepreneurs. It creates competition for other sources of finance, and as it is often used by innovative, artistic and social projects, it promotes innovation, culture and social entrepreneurship.“

Was könnte man dem entgegenhalten, zumal die Kommission zu dieser Erkenntnis in vollem Bewusstsein der unmittelbar anschließend aufgezählten Risiken von Crowdfunding kommt?

Wenn diese hier nicht näher wiedergegeben werden, so heißt dies nicht, dass diese vom Verfasser gering geschätzt werden – das Gegenteil ist der Fall! Interessant aber ist, dass die Kommission in ihrer Aufzählung der Risiken das Risiko der rechtlichen Unsicherheit infolge unterschiedlicher nationaler Rechtsordnungen² noch vor den finanziellen Risiken und dem Liquidität-Risiko infolge eingeschränkter Exitmöglichkeiten benennt.

Völlig zu Recht wird festgestellt, dass ein größerer Skandal in diesem Bereich das Vertrauen der Bevölkerung in diese Finanzierungsart unterminieren und das Wachstum von Crowdfunding beeinträchtigen könnte. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die jüngsten Insolvenzen crowdfinanzierter Unternehmen diesen Trend bereits auslösen. Vor dem Hintergrund der volks- und betriebswirtschaftlichen Vorteile einerseits und der attraktiven Ertragsmöglichkeiten auf Seiten der Investoren andererseits wäre dies in höchstem Maße zu bedauern. Vor diesem Hintergrund kann der europäischen Kommission nur zugestimmt werden, wenn sie feststellt, wie wichtig es ist, angemessene regulatorische Rahmenbedingungen³ zu haben, die exzessive Risiken einschränken und gleichzeitig das Wachstum von Crowdfunding fördern (sic !).

Auf Basis einer öffentlichen Konsultation zum Thema Crowdfunding kommt die europäische Kommission zu dem Ergebnis, dass auf Seiten der Europäischen Union eine regulatorische Intervention nicht erforderlich ist. Daher beabsichtigt die europäische Kommission derzeit keine gesetzgeberischen Maßnahmen in Bezug auf Crowdfunding. Sie wird daher in erster Linie Marktentwicklungen in diesem Bereich weiter beobachten mit dem Ziel, einen besseren Überblick darüber zu erhalten, wie diese Finanzierungsform in das gesamtwirtschaftliche Umfeld passt. Gleichzeitig schlägt die Kommission einige Maßnahmen vor, die das Ziel haben sollen, Crowdfunding zu fördern und das Vertrauen in diese Finanzierungsalternative zu fördern. Gleichzeitig will die Kommission die Entwicklungen im Markt weiterhin beobachten und – sofern erforderlich – Aktionen seitens der EU in Betracht ziehen. Dabei scheint die Kommission einen kooperativen Handlungsansatz mit den Akteuren anzustreben. Interessanterweise betont sie dabei

„The objective of this Communication is to accompany the development of crowdfunding in Europe, not to regulate donations, including to charities or political parties.“

Im Zusammenhang mit den konkret von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen nennt das Memo zunächst die wesentlichen Erkenntnisse, die sie aus der öffentlichen Konsultation zieht: Hierzu gehören insbesondere ein zu geringes Verständnis hinsichtlich der gesamten Industrie, fehlende Informationen über die anwendbaren Regeln, Risiken aus unzulänglicher und irreführender Offenlegung von Informationen, aber auch hinsichtlich des Funktionierens von Crowdfunding innerhalb eines einzigen Marktes auf EU Ebene.

Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Kommission – wiederum in der höchst begrüßenswerten Absicht „to exploit the full potential of crowdfunding in the EU“ – die folgenden Maßnahmen:

  • Durchführung einer Studie über Marktentwicklungen und Potenzial von Crowdfunding, Forschung und Innovation zu fördern;
  • das Bewusstsein hinsichtlich der Möglichkeiten von Crowdfunding zu fördern und Informationen und Training-Module für Projekt-Initiatoren, sprich Kapitalsucher, bereitzustellen, interessanterweise insbesondere im Bereich der Unternehmensfinanzierung⁴ und des Crowdlending, d.h. der Kreditvergabe;
  • Hinwirkung auf die Entwicklung von Standards der Industrie („best practices“) und Entwicklung eines europäischen Qualitätsstandards, um so die Vertrauensbildung auf Seiten aller Marktteilnehmer zu fördern;
  • Etablierung einer Expertengruppe namens European Crowdfunding Stakeholder Forum, die die Kommission berät;
  • Durchführung von Workshops der nationalen Regulierungsbehörden zwecks Vereinheitlichung der regulatorischen Rahmenbedingungen und Abgabe von Empfehlungen zwecks Vermeidung von Inkonsistenzen der gesetzgeberischen Ansätze.

Im Ergebnis sind diese Absichten aus volkswirtschaftlicher Sicht, aber auch aus Sicht der Crowd-Finanzierungsindustrie positiv zu erachten, zumal darüber hinaus untersucht werden soll, inwieweit öffentliche Gelder bereitgestellt werden können, um Projekte durch Crowdfunding zu unterstützen. Letztendlich ist dieses Memorandum auch aus Sicht der Investoren positiv zu erachten, da richtigerweise ihr Schutz im Vordergrund zu stehen hat: ohne ihr Geld kein Erfolg der Industrie! Von dieser Erkenntnis müssen sich Plattformen schon heute – ohne spezifische Maßnahmen des Gesetzgebers – bei Auswahl und Strukturierung von Projekten leiten lassen.

Dr. Kay-Michael Schanz, Schanz & Coll. Rechtsanwälte


¹ Ramos & Gonzalez (2013) Crowd-Funding as a new economic instrument for economic growth and employment. Präsentation im Seminar “Alternative ways of finance in the digital era”. Ateneu Barcelonès May 2013.

² „legal uncertainty arising from divergent national laws“.

³ „adequate policy framework“.

⁴ Crowdinvesting.

 

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