Wie schnell siegt die Revolution im Abwicklungsgeschäft?

Der Blick in die Vergangenheit legt den Schluss nahe, dass große Revolutionen eine längere Vorgeschichte haben, die zunächst kaum jemand wirklich ernst nimmt. Eng denkende Skeptiker behindern den Blick nach vorn.

Die Blockchain nahmen zunächst auch nur die wenigen Menschen wahr, die ein fachliches Interesse an dem Thema Bitcoin hegten. Bitcoin war und bleibt umstritten.

Inzwischen ist die Blockchain dem ursprünglichen Milieu entwachsen. Die Technik der Gestaltung von Blocks hat sich schnell und in unterschiedliche Richtungen fortentwickelt. Die Datenmengen, die sich in einem Block unterbringen und über eine dezentrale Speicherung sichern lassen, haben massiv zugenommen. Die Potenziale deuten sich erst in Umrissen an.

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In der öffentlichen Diskussion steht noch die Abwicklung von Geldzahlungen im Mittelpunkt des Interesses. Tatsächlich wird nun die Anwendung der Technik zunächst auf die Abwicklung von Wertpapiergeschäften und Derivaten wahrscheinlicher.

Insbesondere im grenzüberschreitenden Geschäft bedeutet die Einbindung von Intermediären für Depotüberträge und gegenläufige Zahlungsströme häufig einen Zeitverlust von mehreren Tagen und einen spürbaren Kostenfaktor. Das ist ein Ansatzpunkt.

Die Blockchain-Technologie verspricht eine sichere und sofortige Abwicklung

  • „peer to peer“, direkt zwischen den Parteien, also ohne Intermediäre,
  • ohne Ausfallrisiken und
  • zu deutlich niedrigeren Kosten.

In der Breite funktioniert so etwas wie bei den herkömmlichen Abwicklungssystemen nur, wenn es einen globalen Standard gibt.

In der letzten Zeit gab es Nachrichten aus verschiedenen Häusern, die bei der Entwicklung von Standards auf der Grundlage von Blockchain-Lösungen vorangekommen sind:

Dazu passt, dass die NASDAQ-Börse mit einer Blockchain-Technologie Fortschritte macht, die das Eigentum an Aktien elektronisch unterlegt und damit neue Grundlagen für Handel und Abwicklungen schafft: NASDAQ Linq. Eine parallele Initiative gibt es bei der ASX Australian Stock Exchange.

Die Entwicklungen fordern die bestehenden internationalen Abwicklungssysteme für Wertpapiere und Derivate heraus. Dies sind vor allem

Dazu kommen spezialisierte Abwickler:

Die Platzhirsche für den Effektengiroverkehr Clearstream und Euroclear sind indessen nicht betriebsblind. Sie bestreiten nicht das in der Blockchain liegende Potenzial. Sie weisen jedoch auf Umstände hin, welche die Übergänge verlangsamen und in Bereichen nicht zulassen werden:

  • Die Systeme, in denen die gehandelten Werte festgehalten werden, sind teilweise uralt, ausgereift und in ihrer Funktionalität auch unter hoher Belastung unangefochten. Die Schnittstellen mit den weiter bestehenden Systemen seien kritisch.
  • Um Verrechnungen und Transaktionen auf Kreditbasis zu ermöglichen, werde man auch in der Zukunft Intermediäre benötigen.
  • Das Aufsichtsrecht ist auf die bestehenden Systeme eingestellt und wird die Anforderungen nicht ohne zwingende Gründe ändern.

Der letzte Punkt ist besonders gewichtig: Aufsichtsbehörden

  • wollen wissen, wer ein System zur Bewegung von Vermögenswerten gewerblich betreibt,
  • wollen die Zuverlässigkeit der Betreiber prüfen,
  • wollen Gewissheit hinsichtlich der technischen Eignung der Systeme,
  • verlangen geeignete Verfahren zur Verhinderung von Geldwäsche, und
  • sie haben und nutzen die Macht, die Räder zum Stehen zu bringen, wenn ein System die Anforderungen nicht erfüllt.

Die institutionellen Kräfte, die hier walten, sind gewaltig. Man könnte also vermuten, dass die kapitalkräftigen und auf Regulierung eingestellten Banken jetzt den Taktstock fest in der Hand halten und für ihren Wettlauf von den Fintech-Startups die großen Talente abziehen. Tatsächlich locken die Startups aber weiter brillante Köpfe, und die Banken halten solche mit Schwierigkeiten.  Kluge Denker lockt nicht allein der Gehaltsscheck.

Dr. Martin Bartels, LightFin

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