Kleinanlegerschutzgesetz – Verzögerungen zur Kenntnisnahme sind überflüssig

_Ohne Titel_ 29Im Gesetzgebungsverfahren zum Kleinanlegerschutzgesetz werden Mechanismen diskutiert, die sicherstellen sollen, dass Investoren ausreichend Zeit zum Studium der relevanten Informationen haben. Soweit hiermit beabsichtigt wird, den Anlegerschutz zu erhöhen, sind diese Regelungen schlichtweg ungeeignet. In Anbetracht des Widerrufsrechts für Fernabsatzverträge sind sie zudem überflüssig.

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des Kleinanlegerschutzgesetzes werden immer wieder Mechanismen diskutiert, die Investoren bei Crowdfunding-Projekten davon abhalten sollen, übereilte Entscheidungen zu treffen. Hierzu gehören unsinnige Regelungen, nach denen die Zustimmung zum Vermögensinformationsblatt nicht durch einen Klick im Internet erklärt werden kann, sondern eine Übersendung des ausgedruckten und unterzeichneten Dokuments per Post erfordert. Nachdem diese Regelung mit dem hieraus resultierenden Medienbruch wohl endlich vom Tisch ist, wollen Verbraucherschützer sicherstellen, dass Investoren vor ihrer Investitionsentscheidung ausreichend Zeit zum Studium der relevanten Informationen haben.

Das Bestreben als solches, Investoren zu schützen, ist sicherlich positiv einzuschätzen. Tatsächlich prägt es bereits das Denken aller maßgeblichen Plattformen in Deutschland. Ohne angemessenen Verbraucherschutz wäre die Crowdfunding-Industrie über kurz oder lang zum Sterben verurteilt.

Fraglich aber ist, ob und wieweit die diskutierten Maßnahmen zur Verzögerung des Investitionsprozesses geeignet und erforderlich sind, das angestrebte Ziel umzusetzen. Die Frage ist legitim, da eine Erhöhung der ohnehin schon ausgeprägten regulatorischen Komplexität des Crowdfundings zu einer Senkung der Konversionsraten und damit zu einem Sinken der Finanzierungschancen von Startups und anderen Unternehmen führen kann.

Dabei ist zunächst einmal festzustellen, dass eine Regelung, nach der ein Käufer nach Erhalt von (Produkt-) Informationen einen gewissen Mindestzeitraum bis zu eigentlichen Transaktion einhalten muss, im gesamten Internet-Commerce ungeachtet des Transaktionsvolumens kein Vorbild findet. Gleiches gilt offline, auch und gerade im Investitions- oder Kapitalmarktbereich. Warum sollte eine solche Maßnahme gerade hier zum Schutz des Käufers/Investors beitragen oder erforderlich sein, zumal es beim Crowdfunding regelmäßig um relativ kleine Beträge geht. Aktionismus im Lichte von Prokon – eine Affäre, die nichts mit dem Thema Crowdfunding zu tun hat – kann als Argument nicht ausreichen.

Hinsichtlich der Frage nach der Eignung ist einzuräumen, dass Verzögerungen oder Min-destzeiträume durchaus dazu führen können, dass Investitionsentscheidungen länger durchdacht werden. Dass die Zeit aber tatsächlich zu einem intensiven Studium der auf der jeweiligen Plattform bereitgestellten Informationen genutzt wird, ist ebenso wenig gewährleistet wie die Lektüre der Unterlagen, die der Bankberater seinem Kunden im Rahmen einer Anlageberatung übergibt oder übersendet. Der Mensch nimmt sich nur dann die Zeit zum Lesen, wenn er das Bedürfnis danach spürt.

Die Befürworter solcher Regelungen verkennen auch, dass durch diese nichts gewonnen wird und sie daher überflüssig sind: Verträge, die im Rahmen von Crowdfunding-Kampagnen zustande kommen, sind durchweg Fernabsatzverträge i.S.d. §§ 312c ff. BGB. Vor diesem Hintergrund können Kleinanleger als Verbraucher ihre Vertragserklärung über eine Beteiligung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform, d.h. z.B. als E-Mail oder auch durch Rücksendung der Beteiligungsbestätigung, widerrufen. Einfacher geht es nun wirklich nicht. Reichen zwei Wochen nicht aus? Sind Investoren schutzwürdiger als alle anderen Nutzer des Internets wie z.B. Käufer? Ist hier eine schutzwürdige Scheu eines Investors zu vermuten, einen bereits geschlossenen Vertrag zu widerrufen?

Will der Gesetzgeber – entsprechend weitverbreiteten Aussagen – Crowdfunding auch im Rahmen der Unternehmensfinanzierung fördern, so bedarf es eines sinnvollen und behut-sam erweiterten Regelwerks – Komplikationen wie Verzögerungen oder spezielle Mindest-zeiträume gehören nicht dazu!

Dr. Kay-Michael Schanz, LightFin GmbH

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